Quartalsblatt 2004-III

Der Grabstein "Kirchhainer" auf dem Schwabendorfer Friedhof

(Neuauflage der Ausgabe IV-1981)

Zweifellos das älteste Zeugnis der Schwabendorfer Friedhofsgeschichte ist ein alter Grabstein, der glücklicherweise die Jahrhunderte überdauert hat und vor einiger Zeit am oberen Rand zwischen den beiden Moutoux-Gedenksteinen aufgestellt worden ist.

Die allerdings bemerkenswerte, mit dem Denkmal verbundene Geschichte lässt sich so ohne weiteres aus den in den Sandstein eingemeißelten, von Wind und Wetter verblichenen und schwer lesbaren Lettern nicht deuten. Nach sehr sorgfältiger Auswertung der Inschriften und damit verbundenen genealogischen Nachforschungen kann das Rätsel aber dann doch gelöst werden: Es handelt sich nämlich um den Grabstein der

Anna Elisabetha Kirchhainer,

die als erste Ehefrau ("ERSTE EHELICHE HAVSFRAV") des hiesigen Schmiedes Johann Jacob Kirchhainer im Jahre 1722 hier verstarb, nachdem sie ihrem Gatten 14 Ehejahre und vier Kinder geschenkt hatte ("IN DER EH GELEIT 14 JAR ERZEVGET 4 KINDER").

Infolge der jahrhundertelangen Verwitterung sind die ehemals auf der rechten Seite in den Sandstein gemeißelten Buchstaben nicht mehr gut lesbar und fehlen teilweise, können aber nach erfolgreicher Recherche wieder nachprojektiert werden.

Johann Jacob Kirchhainer war der Sohn von Jacob Kirchhainer aus Schönstadt ("Faul`s Hof") und heiratete seine Anna Elisabetha am 09. Februar 1708 in der lutherischen Kirche zu Rauschenberg. Die Gattin war die Tochter des damaligen Wambachmüllers Georg Scherer und am 21. Januar geboren worden.

Die "Kirchhainers" ließen sich um 1710/11 als eine der ersten deutschen Familien in der französischen Kolonie Schwabendorf nieder, um an der Stelle von heute Grebings altem Anwesen am oberen Ende der Winterseite eine Schmiede nebst Gastwirtschaft zu betreiben (s. Familienbuch Schwabendorf/Band 3 /1687-1925, Nr. 68). Die auf dem Grabstein abgebildeten Hammer und Zange waren nicht nur die Handwerksutensilien des "Meisters" Kirchhainer (auch "Kirchhayner, Kirchheiner), sondern auch das von seinen Schönstädter Vorfahren übernommene traditionelle Familienwappen.

Unklar bleibt immer noch, von welcher französischen Familie die Kirchhainers das Anwesen erwarben. Zu dem kompletten Grunderwerb gehörte auch noch das angrenzende Nachbargrundstück (später "Ott`s" und "Sieberts"), das später von dem ältesten Sohn Johann Jacob jun.(1710-1747) zusammen mit der im Besitz des Arbeitskreises befindlichen alten Fachwerkscheune bebaut wurde.

Johann Jacob Kirchhainer sen., um 1678 in Schönstadt geboren, verstarb am 10. April 1759, nachdem er 1723 eine zweite Ehe geschlossen hatte und weiteren vier Kindern der Vater war. Insgesamt drei Generationen Kirchhainer haben schließlich in Schwabendorf gelebt und gewirkt, bevor im Jahre 1821 der letzte Nachkomme der Familie hier verstarb. gb

Quellen : Familienbuch Schwabendorf und Wolfskaute, 1687-1925, Band 3; Karten P II 9128 (STAM), Lager-Stück- und Steuerbuch der Colonie Schwabendorf 1746; 1687-1987: 300 Jahre Schwabendorf

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